Publizistik-Preis 2022: Platz 3 für „Henrietta Lacks stirbt in Baltimore“ von Martina Meißner

Portraitfoto Martina Meißner.

Seit Jahrzehnten wird in Laboren auf der ganzen Welt an HeLa-Zellen geforscht. Sie ermöglichten Impfstoffe gegen Kinderlähmung, Medikamente gegen Krebs, und ohne sie gäbe es keine Genforschung.

Hinter dem Kürzel „HeLa“ verbirgt sich die Geschichte der Afroamerikanerin Henrietta Lacks: Sie war erst 31 Jahre alt, als sie 1951 an Gebärmutterhalskrebs starb. Ohne ihr Wissen hatten Forscher Krebszellen aus ihrem Tumor entfernt und untersucht. Dabei bemerkten sie, dass sich die Zellen rasend schnell vermehrten. Unter der Bezeichnung HeLa, dem laborüblichen Kürzel aus den Anfangsbuchstaben des Vor- und Nachnamens, wurden sie bald weltweit eingesetzt und vermarktet.

Die Angehörigen und Nachkommen von Henrietta Lacks erfuhren das erst in den 1980er Jahren von einem Reporter. Die Geschichte löste eine Diskussion über die Bedeutung ethischen Handelns in der modernen Wissenschaft aus.

„Ein tolles Thema, das spannend und sehr verständlich aufbereitet wurde,“ so die Juror:innen: „Der Beitrag erzählt die Geschichte einer Frau, von der sicher viele noch nie etwas gehört haben, die aber eine tragende Rolle in der Krebsmedizin gespielt hat.“

Martina Meißner wurde 1961 geboren in Hagen-Hohenlimburg geboren. Nach einer Ausbildung zur examinierten Kinderkrankenschwester studierte sie Journalistik an der Universität Dortmund. Seit 1994 ist Martina Meißner als freie Autorin für die ARD-Anstalten mit dem Schwerpunkt Radio-Features tätig.

Hier können Sie den Hörfunk-Beitrag „4. Oktober 1951 – Henrietta Lacks stirbt in Baltimore“ von Martina Meißner anhören:

Ein Statement zur Auszeichnung können Sie hier anhören.

Transskript des Statements

Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung für eine Geschichte über eine Frau, die Millionen Menschen das Leben gerettet hat – wovon die meisten wahrscheinlich gar nichts wissen.

HeLa-Zellen. „HeLa“, diese Abkürzung steht für „Henrietta Lacks“. Sie starb 1951 im Alter von nur 31 Jahren an Gebärmutterhalskrebs. Da der Tumor ungewöhnlich aussah, hatte man in der Klinik eine Probe genommen und eine Kultur angelegt, ohne dass Henrietta Lacks davon wusste. Das Ungewöhnliche an ihren Zellen war, dass sie nicht starben, sondern sich alle 24 Stunden sogar verdoppelten. Das war eine Sensation, weil man nun erstmals mit menschlichen Zellen forschen konnte und es wurden viele Medikamente und Impfstoffe dadurch entwickelt.

Das ist die wunderbare Seite dieser Geschichte. Die traurige Seite ist die von Henrietta Lacks und ihrer Familie. Während viele Firmen mit ihren Zellen viel Geld machten, waren sie so arm, dass sie sich noch nicht einmal eine Krankenversicherung leisten konnten. Jahrzehntelang wussten sie nichts von den HeLa-Zellen.

Der Todestag von Henrietta Lacks, der 04. Oktober 1951, ist der Stichtag für das WDR ZeitZeichen, das diese Auszeichnung bekommt. Großes Dankeschön an die Redaktion für dieses Thema, an Ronald Feisel für die redaktionelle Betreuung, an meine drei wunderbaren Sprecherinnen Cathlen Gawlich, Isabel Schosnig und Jule Vollmer und an Alex Buske, der mir bei der technischen Umsetzung großartig geholfen hat. Ich denke, uns allen ist diese Geschichte, die hinter dem kleinen Kürzel „HeLa“ steht, schon sehr nahe gegangen.