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Im Fokus 1. Quartal 2025

Testphase der elektronischen Patientenakte (ePA) überzeugt viele Ärzte noch nicht

Hamburg, 9. April 2025 – Nach dem Start der ePA-Testphase in rund 230 Praxen aus Hamburg, Franken und Teilen von Nordrhein-Westfalen zeigen sich die Ärzte noch alles andere als überzeugt. Wie die aktuelle Befragung „Im Fokus“ der Stiftung Gesundheit zeigt, berichteten 71,8 Prozent der teilnehmenden Ärzte, dass die Arbeit mit der ePA bislang schlechter als erwartet funktioniert habe. 12,8 Prozent sehen sich in ihren Erwartungen bestätigt, und 15,4 Prozent wurden positiv überrascht.

Größter Nachbesserungsbedarf bei Software

Kritik äußerten die Ärzte vor allem an der Software: 61,0 Prozent der teilnehmenden Ärzte sehen hier Verbesserungsbedarf vor dem bundesweiten Rollout. Kritisiert wurden zahlreiche Aspekte von der nicht erfolgten Bereitstellung über einen hohen Zeitaufwand bis hin zu fehlerhaften oder nicht vorhandenen Funktionen.

Mehr als die Hälfte der Ärzte (53,7 Prozent) kritisierten zudem die aus ihrer Sicht unzureichende Bereitstellung von Informationen für Patienten. „Die meisten Patienten wissen nicht Bescheid“, kommentierten mehrere von ihnen. Es werde erwartet, dass die Praxis sich um alles kümmere.

Ebenso viele Ärzte sorgen sich weiterhin um die Datensicherheit der ePA. Dabei geht es nicht nur um potenzielle Hackerangriffe, sondern beispielsweise auch um den Schutz der Daten von Jugendlichen in psychotherapeutischer Behandlung – auch vor den eigenen Eltern: In der Regel bestehe ihnen gegenüber eine Schweigepflicht, sie würden jedoch die ePA ihres minderjährigen Kindes verwalten und hätten damit Zugriff auf die Inhalte.

Hoher Anfangsaufwand für alle Beteiligten

Die Befragung zeigt auch, dass der Aufwand im Zusammenhang mit der ePA in der Anfangsphase sowohl für die Ärzte selbst als auch für das Praxisteam erheblich ist: Mehr als 80 Prozent der Ärzte gaben an, einen hohen oder eher hohen Erklärungsaufwand gegenüber Patienten zu haben. Rund zwei Drittel der Ärzte sehen dies auch bei ihrem Praxisteam so. Den Aufwand für die ePA insgesamt schätzen rund 70 Prozent der Ärzte als hoch oder eher hoch ein.
Stefan Spieren MBA, Hausarzt und Digital-Health-Pionier aus Wenden.

Reale Startschwierigkeiten – aber langfristig eine Chance

„Die Herausforderungen beim Start sind real: Technische Hürden, fehlende Patienteninformationen und teils unzureichende Softwareunterstützung erschweren die Umsetzung“, sagt Stefan Spieren, Hausarzt und Digital-Health-Pionier, in seinem Gastkommentar zu den Ergebnissen. „Viele Funktionen sind noch nicht durchgängig praxistauglich, und das Praxisteam muss Zeit investieren.“ Dies werde sich aber langfristig lohnen, zeigt sich Spieren optimistisch: „Wir können sehen, ob und wie ein eRezept eingelöst wurde. Und auch Scan-Arbeiten werden bald der Vergangenheit angehören, ebenso wie doppelte Untersuchungen durch unvollständige Befundlagen.“

Über die Ad-hoc-Befragungsreihe „Im Fokus“

Seit Anfang 2022 befragt die Stiftung Gesundheit einmal im Quartal die Leistungserbringer in der ambulanten Versorgung – je nach Thema ärztliche und/oder nichtärztliche – zu einem aktuellen Fokusthema. An der Befragung im 1. Quartal 2025 nahmen 41 Ärzte aus den rund 230 Praxen in den Modellregionen teil, die in der Testphase mit der ePA arbeiten.

Über die Stiftung Gesundheit

Wissen ist die beste Medizin – angespornt von diesem Gedanken setzt sich die Stiftung Gesundheit seit fast 30 Jahren für Transparenz ein und bietet Verbrauchern praktische Orientierungshilfe. Neben ihren satzungsgemäßen Aufgaben führt die Stiftung kontinuierlich Analysen und Studien durch. Als Basis für zahlreiche Services dient das Strukturverzeichnis der Versorgung.
Bildquellen: Header AdobeStock_1037063066; Portait Stefan Spieren